Gestern haben mich aktuelle Ergebnisse einer großen deutschen Studie erreicht, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Da die Darstellung den üblichen Rahmen des Praxisnewsletters „PraxisInfo“ sprengt, habe ich mich für einen Blogbeitrag entschieden.

Das Zentralinstitut der Kassenärztlichen Versorgung der Bundesrepublik (kurz ZI) hat, unter Beteiligung der Universität Rostock, eine große Studie nun zum Abschluss gebracht, die sich mit dem Nutzen bzw. dem Nutzen-Risiko-Verhältnis von den „Neuen Antikoagulantien“ kurz NOAK befasst. Ihnen sind diese Substanzen besser als Xarelto, Eliquis, Pradaxa bekannt. Die Bezeichnung „neu“ bezeichnet die Tatsache, dass bisher nur das Marcumar zur Nachbehandlung von Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Blutgerinnungsstörungen und ähnlichen Indikationen zugelassen war. Seit Zulassung dieser neuen Mittel streitet sich die Fachwelt: der Pharmaindustrie nahestehenden Professoren und Chefärzte der Krankenhäuser schwören auf das neue, modernere Medikament, vor allem die Praktiker unter uns Ärzten sehen aber auch die Risiken. Ich habe dazu in mehreren Newslettern wiederholt geschrieben. Der unbändigen Macht der Industrie sei es gedankt, dass Marcumar langsam vom Markt verschwindet (die neuen Substanzen sind um Faktor 15 teurer und damit rentabler!).

Besagte Studie wirft nun ein anderes Licht auf die Sachlage. Es wurden die Daten von 840.000 kassenversicherten Patienten ausgewertet, die die neuen Antikoagulantien in den Jahren zwischen 2010 und 2017 wegen Vorhofflimmerns eingenommen hatten. Zum Vergleich wurden Patienten betrachtet, die mit Marcumar versorgt wurden. Die Studie zeigt, dass zwar das Risiko, eine Blutung zu erleiden unter den neuen Mitteln geringer ist (das hatte die Industrie immer als Argument angeführt!), allerdings wirken diese Mittel aber nicht zuverlässig genug: Das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden (und eben das sollen Blutverdünner bei Vorhofflimmern vermeiden!), ist signifikant höher, als bei Einnahme des althergebrachten Marcumars!

Zudem sind Blutungen unter Marcumar gut zu beherrschen – es gibt ein zuverlässig wirkendes Gegenmittel, das ebenfalls leicht und günstig verfügbar ist!

Somit spricht (erneut) nichts gegen die Verwendung des Marcumars. Es wirkt zuverlässiger, ist in seiner Wirksamkeit kontrollierbar (auch nach 12 Jahren am Markt gibt es kein labortechnisches Verfahren, den Grad der Blutverdünnung bei den neuen Substanzen zuverlässig zu messen!).

Die Macht, die die Pharmaindustrie in unserem Land auf alle (Ärzte, Politik und der Presse!) ausübt ist daran abzulesen, dass diese Studie nicht in Deutschland, sondern in England publiziert worden ist! Auch hat die hiesige Presse dieses Thema leider nicht im tagesaktuellen Geschehen berücksichtigt.